Vortrag und Interview mit der Autorin Sabine Bode

“Ich schreibe gerne über Themen, für die sich eigentlich niemand interessiert.” sagt sie und nennt diese die “stillen Themen”. Sabine Bode, Tochter von Nationalsozialisten, heute ist sie eine erfolgreiche Autorin und Journalistin.

Am 3. Juni 2019 besuchte die Autorin Ludwigsburg, um ihr neustes Buch “Die Vergessene Generation” vorzustellen und durfte sich über eine hohe Anzahl von Besucher freuen.

Die Veranstaltung begann mit einer Begrüßung und einer kurzen Vorstellung der Autorin statt. Frau Bode ist eine ruhige Person mit einer positiven Ausstrahlung. Man kann sehen, dass sie jederzeit aufmerksam zuhört und auch bereit ist, Fragen zu beantworten.

Frau Bode hat sich dazu entschieden, die von ihr ausgewählten Passagen aus ihrem neuen Buch “Die Vergessene Generation” vorzulesen und erzählte von ihrer Inspiration für dieses Buch. Sie ist in der Mitte der Neunziger Jahre durch den damals aktuellen Bosnien-Krieg auf das Thema aufmerksam geworden. Als sie Tag für Tag von den Nachrichten im Fernsehen,Radio und Zeitungen erfuhr, stellte sie sich die Frage, wie es wohl den Menschen geht, die in Deutschland den Krieg überlebt haben. Wurde diese Generation wirklich vergessen? “Die vergessene Generation” sei dabei nicht die Kriegsgeneration, also die Generation, die den Krieg erlebt hat, sondern die Kinder dieser Menschen. Man kann sich dabei vorstellen, dass Elternteile, die den großen zweiten Weltkrieg erlebt haben, emotional nicht so stabil waren wie unsere, die in den meisten Fällen ein ziemlich durchschnittliches Leben führen und klar ihre individuellen Sorgen haben. Sorgen aller Art belasten Menschen und haben negative Auswirkungen auf das Verhalten des Menschen, ein Kriegserlebnis aber bringt ein Trauma mit sich. Das größte Problem sei, dass diese Menschen, die den Krieg erlebt, beziehungsweise überlebt haben, keines Falls psychische Unterstützung, sprich eine angemessene Therapie bekommen haben. Die Meisten sollen die Gefühle und Erinnerung verdrängt haben.

In jeder Gesellschaft gibt es bestimmte Tabu-Themen. Diese ändern sich aber in kürzeren oder längeren Zeitabständen. So kann es sein, dass ein Thema, welches heute als Tabu angesehen wird, in zehn Jahren ein alltägliches Thema wird. Nach dem Krieg wurden Fragen nach der Kriegszeit und Kriegsspuren nie beantwortet. Die Autorin hat im Rahmen ihres Werks selbst viele Menschen befragt und auf die Fragen nach dem Krieg fast immer dieselben Antworten, nämlich; “Das war für uns normal.”, “Anderen ging es schlimmer.” und “Wir haben es wenigstens überlebt.” erhalten.

Erziehung ist bis heute ein heikles Thema der Gesellschaft. Pädagogen, Eltern und andere Wissenschafter streiten regelrecht. Was aber nach jeder Debatte feststeht ist, dass Kinder im frühen Kindesalter auf keinen Fall Gewalterfahrungen machen dürfen. Nach dem Krieg hatten die Eltern jedoch nicht die Möglichkeit und Zeit, stundenlang pädagogische Bücher zu lesen und sich Expertenmeinungen anzuhören. In Anbetracht der Tatsache, dass vor dem Krieg nationalsozialistische Parteien an der Macht waren, ist es auch gut möglich, dass es an Material gemangelt hat.

Die Erziehung dieser Kinder wird als “schwarze Pädagogik” bezeichnet. Dadurch, dass die Eltern sehr reizbar waren, wurden harmlose Taten der Kinder streng bestraft. Bei den Eltern stellte man Depressionen, Panik-Attacken, Traumata und Stressanfälligkeit fest. Außerdem sollen diese Menschen nur schwer mit Veränderungen im Leben klar kommen. Das Problem sei dabei aber vor allem, dass diese Kinder keinen Vergleich hatten und als Folge davon, diese Maßnahmen als “normal” empfanden. So gaben die Kriegsüberlebende ihre Traumata unbewusst an ihre Kinder weiter.

In ihrem Buch behandelt die Autorin genau diese Themen und erklärt den Nachkriegskindern weshalb sie und ihre Eltern so sind, wie sie sind.

Es hat mich geradezu schockiert, wie viele Anwesende selbst diese Erfahrungen gemacht haben und bereit waren, von diesen zu berichten. Wenn man sich für Geschichte oder Psychologie interessiert, ist das Buch auf jeden Fall ein Muss und wenn man das Glück hat, kann man Frau Bode bei einem ihrer Vorträge oder im Radio erwischen.

Ekinsu Seyhan

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